Wann hat deine Begeisterung für Mathematik begonnen?
So richtig konnte ich mich für Mathematik begeistern, als Rechnen immer mehr von abstrakteren Konzepten im Mathematikunterricht abgelöst wurde. Es kann aber sehr mühsam sein, in immer abstraktere Ebenen einzutauchen. Versteht man dann aber die Zusammenhänge ein kleines bisschen besser, ist das sehr befriedigend. Ich habe das Gefühl, dass mit Beginn der Oberstufe immer mehr Zeit und Platz vorhanden war, diese Zusammenhänge zu entdecken.
Was bedeutet die Auszeichnung mit dem Dr. Hans Riegel-Fachpreis für dich?
Die Auszeichnung war eine sehr schöne Anerkennung. Sie war sicher auch eine Motivation, in diese Richtung weiterzumachen und schlussendlich Mathematik zu studieren. Deshalb bin ich sehr dankbar, den Preis erhalten zu haben und hoffe, dass damit auch zukünftig Schüler*innen ermutigt werden, eine Vorwissenschaftliche Arbeit in den Naturwissenschaften, Technik oder Mathematik zu schreiben.
Für viele ist Mathematik in der Schule eher ein Rätsel. Was möchtest du diesen Schüler*innen mit auf den Weg geben?
Die Mathematik ist sehr vielfältig: Einerseits können damit ganz konkrete wichtige Themen der heutigen Zeit behandelt werden, andererseits kann man sie auch als intellektuelle Herausforderung begreifen. Mathematik ist für mich gleichzeitig eine wichtige Grundlage für Fortschritt in verschiedenen Disziplinen und eine Art ultimatives Rätsel, das man nie ganz gelöst bekommt. Ich glaube, wenn man sich ansieht, wo Mathematik überall angewandt wird, kann jede und jeder*r einen eigenen Zugang finden.
Wie beeinflusst Mathematik unseren Alltag?
Im Moment sehen wir natürlich gut, wie wir mit Mathematik beispielsweise Pandemien modellieren können. Auch bei der Vorhersage des Wetters oder bei Berechnungen zur Statik von Gebäuden kommen verschiedene mathematische Modelle zum Einsatz. Viele Werkzeuge der modernen Medizin sind ebenso ohne Mathematik schwer vorstellbar. Bei der Computertomographie können beispielsweise mithilfe der Mathematik aus vielen eindimensionalen Messungen mehrdimensionale Bilder errechnet werden.
Wie würdest du deine Studienzeit beschreiben?
Ich habe meine Studienzeit sehr genossen - und genieße sie immer noch. Einige meiner Studienkolleg*innen sind heute meine engen Freunde. Leider wird Mathematik zu oft als eine Art Einzelsport betrieben - für Außenstehende mag das Klischee des abgeschotteten, einsamen Mathematikers ohnehin sehr weit verbreitet sein. Im Studium hat man aber auch gesehen, wie wichtig Zusammenarbeit ist und dass man damit so manche Frustrationen leicht vermeiden kann.
Kannst du uns ein Beispiel aus der Praxis, das deinen Forschungsschwerpunkt erklärt?
Um das Jahr 1200 Jahren hat der Mathematiker Fibonacci die unendliche Zahlenreihe untersucht, die mit 0,1,1,2,3,5,8 beginnt. Jede Zahl ist genau die Summe der beiden vorherigen Zahlen. Summiert man nun zum Beispiel die ersten 10 Fibonacci-Zahlen, bekommt man die 12. Fibonacci-Zahl minus 1. Allgemein gilt: Summiert man die ersten n Fibonacci-Zahlen, bekommt man die (n+2)-te Fibonacci-Zahl minus 1. Solche und kompliziertere Gleichungen können wir mittlerweile ganz automatisch mit dem Computer finden und sogar beweisen, d.h. sicherstellen, dass sie tatsächlich für alle Zahlen funktionieren.
Was ist der Unterschied zwischen "normaler Mathematik" und Computational Mathematics?
Manche meiner Kolleg*innen beschäftigen sich damit, wie man Verzerrungen beim Beobachten von Sternen durch riesige Teleskope ausgleichen kann. Andere untersuchen Elementarteilchen in der Teilchenphysik oder versuchen die Ausbreitung von Hirntumoren vorherzusagen. In all diesen Bereichen fallen ungemein viele Daten an. Um diese effizient zu verarbeiten, können wir heute glücklicherweise auf Computer zurückgreifen. Solche Verfahren versuchen wir zu entwickeln.
Warum hast du dich dazu entschlossen, im Bereich Mathematik und IT tätig zu sein?
Mich haben beide Themenbereiche immer fasziniert. Ich finde es beeindruckend, welche theoretischen Resultate die Mathematik in den letzten Jahrhunderten hervorgebracht hat. Gleichzeitig ist es für mich genauso unglaublich, welche Fortschritte die Informatik in den letzten Jahrzehnten gemacht hat. Deshalb freut es mich, dass ich genau am Schnittpunkt dieser beiden Gebiete arbeiten darf und moderne computergestützte Methoden auf Fragen anwenden darf, die sich Mathematiker schon vor Jahrhunderten stellten.
Was sind deine weiteren Ziele? Möchtest du in der Forschung bleiben?
Zuerst möchte ich natürlich mein Doktoratsstudium gut abschließen. Anschließend gibt es verschiedene Richtungen, die mich interessieren. Im Moment macht mir die Forschung sehr viel Spaß. Ich könnte mir aber beispielsweise auch gut vorstellen, mathematische Methoden an herausfordernden Problemen in der Industrie anzuwenden. Ich bin also offen für verschiedene Richtungen.