Womit hast du dich in deiner Arbeit auseinandergesetzt?
Das Thema meiner Fachbereichsarbeit (FBA) war einigermaßen weit weg vom alltäglichen Unterrichtsstoff und - als Warnung für alle Praktiker - zu 100% nicht in der Praxis anwendbar. Es ging um die Verwandtschaft zweier Dreiecksungleichungen in der ebenen Geometrie, und zwar zwischen der Eulerschen Ungleichung und der Ungleichung von Erdös-Mordell. Eine Dreiecksungleichung in der ebenen Geometrie ist eine Ungleichung mit Streckenlängen in einem beliebigen Dreieck. Bei beiden Ungleichungen ist die Gültigkeit nicht trivial, es ist also notwendig sie zu beweisen. In der Mathematik spricht man dann von einem Theorem. Der Schwerpunkt lag daher auf den Beweisen der zwei Theoreme. Da man in den Beweisen eine ganze Menge an mathematischen Hilfsmitteln und viele kreative Ideen benötigt, werden diese in der FBA vorgestellt und wo nötig in die Beweise eingepflegt. Dadurch bekommt die Arbeit den Charakter eines Spaziergangs durch unterschiedliche Bereiche der Mathematik mit den zwei Ungleichungen als roter Faden.
Wie bist du auf dieses Thema gekommen?
Nachdem ich in die AHS-Oberstufe in Wels kam, bin ich regelmäßig zum Vorbereitungskurs zur österreichischen Mathematik-Olympiade ins Welser Schauergymnasium gegangen. Diesen Ganzjahres-Kurs hat Prof. Rudolf Moser gehalten, ein AHS-Lehrer mit Doktorat und leidenschaftlichem Wissen in der Mathematik. Eine der Aufgaben in der Vorbereitung war es, die Eulersche Dreiecksungleichung zu beweisen, die besagt, dass in jedem beliebigen Dreieck der Umkreisradius immer größer oder gleich dem doppelten Innkreisradius ist. Prof. Moser schlug mir vor, auch die dazu verwandte Ungleichung von Erdös-Mordell anzusehen. Da hinter dieser Ungleichung eine Menge spannender Mathematik und auch spannende Geschichten stecken, war es nur mehr ein kleiner Schritt für mich, dieses Interesse in einer Arbeit festzuhalten. Dabei hat sich die Fachbereichsarbeit als ideales Medium herausgestellt.
Wie bist du auf den Dr. Hans Riegel-Fachpreis aufmerksam geworden?
Auch hier hat mich Prof. Moser darauf aufmerksam gemacht, als die Arbeit fertig war.
Was bedeutet die Auszeichnung für dich?
Seit ich denken kann, hat mich die Mathematik, am Anfang war das natürlich noch das Rechnen, angezogen. Das wurde in der Schule dann immer mehr und mir war klar, dass ich nach der Matura Mathematik studieren wollte. Die Auszeichnung zeigte mir dann genau zum richtigen Zeitpunkt, dass ich dabei auch erfolgreich sein kann.
Was machst du heute und wie bist du dorthin gekommen?
Nach der Matura und dem Präsenzdienst ging ich 2012 von Oberösterreich nach Wien und begann an der TU mein Bachelorstudium der Technischen Mathematik, welchem ich dann das dazugehörige Diplomstudium ebenfalls an der TU Wien folgen ließ. Im Jänner 2019 wurde ich fertig und bereits seit einigen Monaten vor dem Abschluss arbeite ich nun bei der Allianz Versicherung in Wien als Mathematiker. Meine Position dort ist die eines so genannten „Pricers“ für private Sachversicherungen. Wenn Sie also vor kurzem Ihre Wohnung, oder Ihr Haus bei der Allianz versichert haben, hatte ich bei der Prämie, die Sie bezahlen, meine Finger im Spiel. Die Aufgabe eines Pricers ist es, das Risiko einer Versicherungspolizze mit mathematischen Modellen zu berechnen und einen entsprechenden Preis dafür zu verlangen. Um ehrlich zu sein, konnte ich mir am Anfang und während des Studiums nicht vorstellen einmal bei einer Versicherung zu arbeiten. Vor allem da die technische Mathematik eher Anwendungen in der Physik und der Informatik findet. Ein Praktikum bei der Allianz während des Diplomstudiums hat mir die Finanzbranche jedoch als spannendes Arbeitsfeld für Mathematiker vorgestellt, indem man auch regelmäßig über den eigenen Tellerrand hinausblicken und mit vielen unterschiedlichen Abteilungen zusammenarbeiten muss. In meinem derzeitigen Job bin ich regelmäßig im Austausch mit Aktuaren, der IT, dem Verkauf, Statistikern, Marktforschern, Juristen und nicht zuletzt auch mit dem Management. Und das macht jeden Tag sehr spannend.
Warum hast du dich für einen Ausbildungsweg im MINT-Bereich entschieden?
Ich liebe einfach die Mathematik. Sie ist wunderschön, kreativ, steckt in seiner Geschichte voller spannender Persönlichkeiten und ist schlicht und einfach die Basis für jede einzelne Naturwissenschaft, die Informatik und die Technik. Was mich an der Mathematik immer besonders zufrieden gemacht hat, war ihre Beständigkeit. Eine bewiesene Aussage ist unantastbar. Ein Lehrbuch der Mathematik muss nicht umgeschrieben werden, sondern nur um zusätzliche Erkenntnisse ergänzt werden. Das passiert dafür sprichwörtlich jeden Tag aufs Neue. Ich habe einmal aus verlässlicher Quelle gehört, dass die Mathematik die am Schnellsten wachsende Wissenschaft ist. Und meiner Erfahrung nach kann das nicht so falsch sein.
In welchem Feld möchtest du zukünftig tätig sein?
Auch wenn ich derzeit genau am richtigen Arbeitsplatz sitze, kann ich mir in Zukunft einen Arbeitsplatz überall vorstellen, wo Mathematik oder Informatik betrieben wird. Das ist das Schöne an einer Ausbildung im MINT-Bereich: man braucht sich vor keiner beruflichen Herausforderung fürchten.
Was spricht deiner Meinung nach für eine Tätigkeit im MINT-Bereich?
Ich persönlich hatte das Glück während des Studiums meine Lebensgefährtin kennen zu lernen. Es wartet also möglicherweise die Liebe auf euch. Abgesehen davon: wir bewegen uns immer mehr in Richtung einer digitalisierten, technikgetriebenen Welt. Auch wenn manchen bei diesem Gedanken mulmig wird, muss das per se nichts Schlechtes sein. Ich bin der Überzeugung, dass wenn wir die Ethik nicht über Bord werfen, man im MINT-Bereich viel Positives zu unserer Zukunft beitragen kann, gerade im Hinblick auf Herausforderungen wie beispielsweise Klimawandel, Überalterung oder Ressourcenknappheit. Für Jobsicherheit ist also gesorgt.
Was würdest du Schüler*innen raten, die ihre Arbeit bei den Dr. Hans Riegel-Fachpreisen einreichen möchten?
Wenn ihr eine Begeisterung für den MINT-Bereich habt, lasst sie in Eurer Arbeit spüren. Und sonst: arbeitet sauber nach dem wissenschaftlichen Standard und zögert nicht, wenn ihr oder euer Betreuer wo nicht mehr weiter wisst, auch einmal eine Universitätsprofessorin oder einen Universitätsprofessor anzuschreiben. Eine Referenz einer Koryphäe in der Arbeit zu haben, kommt immer gut an.